30. Juli 2022 - 1 Kommentar.

Lass uns den Bauern machen

Lass uns den Bauern machen
von Rainer Juriatti

Vergessen Sie, was Sie bisher über „Sommerspiele“ auf Bauernhöfen an Bildern in Ihrem Kopf haben. Vergessen Sie Ihre Projektionen auf einen lauen Sommerabend mit Theater unter freiem Himmel, bei Biosäften und regionalen Schmankerln. Vergessen Sie bitte auch alles, was Ihnen zu Ferdinand Raimund und „Der Bauer als Millionär“ einfällt.

Oder umgekehrt: Egal, was Ihnen an Projektionen so in Ihrem Kopf herumschwirrt, sobald Sie auf dem Kohlbauerhof außerhalb von Graz im Schuppen sitzen, vor sich das riesige Rolltor, wird Ihre bisherige Freilufttheatererfahrung sowieso auf den Kopf gestellt. Rechts oben in einer Luke nimmt die Organistin an einer wunderschönen Orgel Platz, worauf der Licht- und Tonmann auf den Schalter an der Wand drückt und das Tor hebt sich. Das nennt sich „Vorhang“. 

Und damit öffnet sich der doppelte Boden zwischen vorgegaukelter Wirklichkeit (mit textlichen Lachspitzen in unsere wirkliche Wirklichkeit) und märchenhafter Traumwelt. Ein Ensemble will uns „Der Bauer als Millionär“ zum Besten bringen. Das ist die Ausgangslage. Und sofort bin ich erinnert an Ritterspiele, auf denen jemand mit einem Mofa einreitet. Hier eröffnet diese Technik eine aus handfesten Bauernhofgerätschaften gebaute Fantasiewelt, die mit den wohl bezauberndsten Requisiten kombiniert wird, die uns die Magie des Theaters schenken kann. Ein Gabelstapler, ein Traktor, ein Mini, eine Kutsche, Regenschirme, die zu Tischen mutieren, ein aus Fetzen gebauter Pferdekopf, ein Gaze-Adler mit sieben Metern Spannweite schließlich; dazu Geister, Feen, Zauberer, der extrem verführerische Neid, der machomäßige Hass, die unfassbar liebenswürdige Zufriedenheit schließlich. 

Alle Darsteller und Schauspieler brillant. Ein sich wunderbar ergänzendes Ensemble aus Profis und „spielfreudigen Menschen“, wie es im Programmheft heißt. Niemanden möchte ich hervorheben, alle füllen sie die ihnen zugeschriebene Rolle herrlich aus. Womit es doch einen gibt, den man nennen muss: Regisseur Hanspeter Horner. Es zieht dort an, wo man anziehen muss, er lässt gewähren, wo es Luft braucht, er führt offenkundig, ohne die Schauspieler zu beschneiden. Es ist wunderbar anzusehen.

Der Bauer als Millionär im Hof-Theater in Höf-Präbach, ein Feuerwerk an schauspielerischer Leistung, schelmischer Doppelbödigkeit und dabei an Kreativität nicht zu überbietender Inszenierungskunst.

Weitere Aufführungen, jeweils 20 Uhr:
30. und 31. Juli
5., 6. und 7. August
12. und 14. August
Karten unter hoftheaterhoef@gmail.com
Hier geht's ins Theater.
0664/2509109
Hingehen: Das Publikum sitzt immer im Trockenen.

Veröffentlicht von: Rainer Juriatti in Text

Kommentare

Lefun
1. August 2022 um 14:18

Ach… Merci monsieur.
Ajaxerle.

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