5. März 2023 - Keine Kommentare!

Regelbruch einer Horrorperson

REGELBRUCH EINER HORRORPERSON
von Rainer "Yuri" Juriatti

Heimliche Lobesbriefe erhielt ich, sozusagen „unter der Hand“ (mit der Bitte, nichts davon zu veröffentlichen), als ich über die Kleinstverleger-BÜCHERZWANGSABGABE an Bibliotheken schrieb. Ich habe mich damals endgültig dagegen verwehrt und mich somit mit den Mächtigen der Nationalbibliothek angelegt.

Vor wenigen Tagen nun begann ich, mich mit Amazon anzulegen. Der menschenausbeutende Großkonzern nämlich liest – ungefragt – automatisch Bücher von jedem Verlag aus. Hat man keinen überteuerten Vertrag mit dem Konzern, werden die Bücher unter „derzeit nicht verfügbar“ gelistet. Das wirft ein fatales Bild auf uns Kleinstverleger, dem ich entgehe, indem ich ein bestimmtes Eingabefeld in einem Bucherfassungsprogramm nutze, jenes nämlich, das bei Amazon automatisch ausgelesen wird. (Mich begleitet diebische Freude dabei, bitte HIER nachlesen!)

So, und seit gestern lege ich mich nun auch mit dem Großkonzern Thalia an. Mein Bitten und Betteln, dort gelistet zu werden, wird von der zuständigen „Einkaufsdame“ sowie der Österreichchefin mit dem Argument abgeschmettert, man müsse bei einem der Großkonzern-Großhändler gelistet sein. Die aber nehmen Kleinstverleger wie mich nicht (Morawa zum Beispiel lehnte unseren Verlag ab) oder sie verlangen horrende Provisionen: Lieferanten legten mir Verträge vor, in denen sie 40% des Buchpreises einstreifen wollten.

Bei Thalia werden unsere Bücher also nicht gelistet, weder online noch im direkten Buchverkauf. Somit bauen wir auch künftig sehr auf die kleinen Buchhandlungen und den DIREKTVERSAND. Und für Thalia wird deren Ignoranz wenig bedeutsame Auswirkungen haben: Wir Kleinstverleger werden nämlich - auch - von Thalia genötigt, bei Kundenwunsch gratis und portofrei einzelne Bücher an die Filialen zu liefern. Manchmal habe ich für die Begleichung von läppischen 9 Euro (von denen mir persönlich 1,20 Euro bleiben) bis zu drei Monate auf den Zahlungseingang gewartet.

Ergo/wenig bedeutsame Konsequenz: Mit heutigem Tag stelle ich den Versand an Thalia ein. Bitte notieren Sie sich dick, dass Sie bei Thalia keines unserer Bücher bestellen müssen, es wird dort nie ankommen. Ich werde mit Thalia im Bestellungsfall auch keine Korrespondenz führen.

Das mag für manchen Leser dieser Zeilen bedenklich klingen. Stimmt, und ich bin stolz darauf: Jüngst schrieb mir eine junge Frau eine E-Mail, in der sie mir vorwarf, ich legte mich mit allen an: mit ihr, mit einem Klinikgroßkonzern, mit einer Stiftung, sogar einer Landesrätin. Sie meinte, ich sei - gesamthaft betrachtet - eine "Horrorperson", die Probleme mit intelligenten Frauen habe. Letztbehauptetes stimmt nicht. Erstens bin ich mit einer intelligenten Frau verheiratet und zweitens verlegen wir die Bücher intelligenter Frauen. Also hätte ich ihr antworten können, ich hätte keine Probleme mit intelligenten Frauen, nein, ich hätte vielmehr Probleme mit dummen Menschen. - Allerdings habe ich ihr nicht geantwortet, denn ich habe den Brief durchaus als Kompliment verstanden, da ich mich jeden Tag angesichts unserer absurden Welt frage: Welche Regeln fordert wer ein? Wer hat sie gemacht? Wer hat sie durchdacht?

Bitte bedenken Sie: Die großartigen Autorinnen unseres Verlages können nichts dafür, dass ihr Verleger eine Horrorperson ist. Somit geht es hier zum oben angesprochenen Direktversand inkl. automatisiertem online-Kaufgutschein: BÜCHER DES KOLLEKTIVERLAGS

Veröffentlicht von: Rainer Juriatti in Text

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