PABLOS TAG
von Rainer Juriatti

Es ist tatsächlich erstaunlich. Je älter ich werde, desto rascher fliege ich von Jahrestag zu Jahrestag. Denn es scheint, dass die Tage selbst – von 27.4. bis 25.4. – dahinfliegen, sie entschwinden sozusagen.

Erstaunter bemerke ich also von Jahr zu Jahr: Da ist er schon wieder, dieser eine Tag. Denn es scheint, dass Pablo seit ein paar Jahren stets mehr und mehr Raum einnimmt: Wenn wir zu Vorträgen eingeladen sind, wenn wir mit Menschen sprechen, die jüngst ein Sternenkind zu betrauern haben, wenn wir fotografieren, wenn wir redaktionell arbeiten, wenn wir Interviews geben. Überall ist er dabei. Denn eines ist gewiss: Seit unsere lebenden Kinder erwachsen sind, seit sie ihr eigenes Leben leben, seit sie abgenabelt ihre eigenen Wohnungen der unseren vorziehen und wir in ihrem Kosmos Satelliten geworden sind, die dann angesteuert werden, wenn es emotional oder organisatorisch notwendig ist, seit dieser Zeit darf Pablo wieder mehr Raum einnehmen in unserem Dasein. Sein Bildchen auf dem Schrank ist immer noch das gleiche. Seine Größe unverändert. Sein Platz in unseren Herzen ebenso. Zugleich lenkt nichts ab, keine Erziehungsverantwortung, keine andere Aufgabe. Pablo ist „klein“ geblieben, denn nicht er, sondern allein wir durften an ihm wachsen. Ich wünschte, es wäre nicht so. Doch damit leben wir seit 1995.

Sein Apfelbaum im Garten begann vor zwei Tagen zu blühen, so, als winke er uns zu. Das ist unfassbar berührend. Heute ist sein Tag ... und schon beginnt das nächste Jahr zu verfliegen.

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